Ewig leben 1 [Aubrey De Grey]

In 30 Jahren könnte das Altern des menschlichen Körpers weitgehend abgeschafft sein. Jedenfalls wenn es nach dem Bio-Informatiker und Alternsforscher Aubrey de Grey geht.

(De Grey auf dem Cover einer Ausgabe der vom MIT herausgegebenen Zeitschrift Technology Review vom Februar 2005)

De Greys forsche Thesen rufen in der Wissenschaftsgemeinde starken Widerspruch hervor, nehmen aber als radikale Außenseiterposition offenbar auch eine wichtige Stelle ein. De Grey studierte Informatik in Cambridge und bekam dort 1992 eine Stelle als Softwareentwickler für die FlyBase Datenbank, die wissenschaftliche Daten zur Genetik der Fruchtfliege (Drosophila melanogaster) sammelt. Hier begann er sich ausführlich mit der Frage zu beschäftigen, wieso wir eigentlich altern. In seinem Buch The Mitochondrial Free Radical Theory of Aging von 1995 steht die Rolle spezifischer Zellbestandteile – der Mitochondrien – bei diesem Prozess im Mittelpunkt. Seitdem hat De Grey mit der generellen Forderung nach größeren Forschungsanstrengungen der Biogerontologie, also der Untersuchung all jener Mechanismen, die am Altern beteiligt sind, zunehmend die Position des Visionärs eingenommen. In dem, zusammen mit seinem Assistenten Michael Rea verfassten und 2007 erschienenen Buch Ending Aging. The Rejuvenation Breakthroughs That Could Reverse Human Aging in Our Lifetime versammelt er sieben solche biologischen Ursachen des Alterns (dt. Übersetzung, ersch. 2010: Niemals alt! So lässt sich das Altern umkehren. Fortschritte der Verjüngungsforschung).

Folie einer PowerPoint Präsentation von De Grey. (Quelle: [link])

Wenn es nun gelänge, diese Prozesse durch "Wartung" der "Maschine" Körper – zum Beispiel mit Hilfe der Stammzelltherapie – aufzuhalten, sei es durchaus möglich, dass in nicht allzu ferner Zunkunft die Todesart Altwerden in signifikantem Maße zurückgedrängt wird.
Dafür, diese Forschungen voranzutreiben, wirbt De Grey bei diversen Auftritten in der Öffentlichkeit. Zum Beispiel in diesem Video von der TED Med 2009 erklärt er genauer, warum Altern nicht wünschenswert sei und was man dagegen tun könne:


Er ist ausserdem 'Chief Scientific Officer' der SENS Foundation ('Strategies for Engineered Negligible Senescence' [link]), die sich die Untersuchung entsprechender Therapien zum Ziel gesetzt hat und er war an der Gründung des 'Methuselah Mouse Prize' [link] beteiligt, der für Verfahren vergeben wird, das Leben von Mäusen entscheidend über das normalerweise Erwartbare hinaus zu verlängern.
Die Versprechungen De Greys rufen in wissenschaftlichen Kreisen immer wieder Kopfschütteln bis vehementen Widerspruch hervor. So löste 2005 ein Artikel in der Zeitschrift Technology Review [link] eine heftige Debatte aus, in der unter anderem die Meinung vertreten wurde, die Position De Greys sei 'so falsch, dass sie einer gelehrten Debatte unwürdig sei' [link].

Wie aber seine vielen Einladungen zu Vorträgen und Interviews zeigen, scheint Bedarf zu bestehen, die von De Grey aufgegriffenen Entwicklungen der Lebenswissenschaften zu reflektieren. Und wenn es nur darum ginge, zu durchdenken, was solche Vorhersagen über die Aussetzung des dann eben nicht mehr so 'natürlichen Todes' für den Einzelnen wir für die Gesellschaft bedeuten könnten - von der Erfüllung der uralten Wunschvorstellung endlos verlängerten Glücks bis zu den dunkleren und prosaischeren Aspekten der Langlebigkeit wie Überbevölkerung und Langeweile.

Aubrey de Grey wird als Referent am Donnerstag, 12.5. und Samstag, 14.5. am Kongress Die Untoten teilnehmen.

Weiterführende Links:

De Grey im Interview mit Alexander Stirn in der Süddeutschen Zeitung vom 23.06.2006: "Altern ist auf jeden Fall ungesund". [link]